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Verkehrssicherheit rund ums Tandem

Ein paar Fragen und mögliche Antworten

Wie groß ist die Gefahr, mit dem Tandem zu stürzen?

Grundsätzlich nicht größer als mit jedem anderen Fahrrad. Erfahrungsgemäß fährt man mit dem Tandem, auf dem man für den Stoker mit verantwortlich ist, deutlich vorausschauender und defensiver als solo. Dies verringert die Unfallgefahr deutlich. Ansonsten hängt das Sturzrisiko natürlich stark vom Einsatzgebiet ab. Auf Touren stürzt man praktisch nie, beim Rennradfahren selten, im Gelände muss man hingegen mit allem rechnen. Bei Radrennen ist die Sturzgefahr hoch einzuschätzen.

Ist ein Sturz mit dem Tandem gefährlicher als mit einem Solorad?

Das ist schwer zu sagen, aber es hat nicht den Anschein. Die mit dem Tandem erreichbaren Gechwindigkeiten sind vielleicht ein Risiko, allerdings sind die Differenzen zum Solorad nicht so groß, dass es wirklich einen Unterschied macht. Der Captain sieht einen Sturz eher kommen als der Stoker und hat deshalb bessere Chancen, darauf zu reagieren und die möglichen Folgen zu verringern.

Wie groß ist die Gefahr, mit Autos zusammenzustoßen?

Die meisten Fußgänger und leider auch die meisten Autofahrer haben große Schwierigkeiten, Geschwindigkeiten von 30 km/h oder mehr richtig einzuschätzen, besonders wenn diese von Radfahrern gefahren werden. Auch mit einem Reisetandem, das nicht besonders sportlich aussieht, kann man sich einer Kreuzung schneller nähern, als die meisten Autofahrer und Passanten annehmen. Deshalb sollte man immer Vorsicht walten lassen, wenn es darum geht von anderen Verkehrsteilnehmern gesehen und vorbeigelassen zu werden. Das interessante ist, dass die meisten Laien die mit dem Tandem erreichbaren Geschwindigkeiten zahlenmäßig weit überschätzen, aber im realen Verkehrsgeschehen die Annäherungsgeschwingkeit von schnellen Radfahrern gefährlich unterschätzen. Wenigstens kann man mit einem Tandem schneller bremsen als mit einem Solorad, vorausgesetzt man hat das auch mal geübt.

Ist Radfahren gefährlich?

Diese Frage ist eigentlich falsch gestellt. "Normales" Radfahren (also alles außer Radrennsport) ist nicht an sich gefährlich. Alleinunfälle mit nennenswerten Folgen sind äußerst selten. Gefährlich ist der motorisierte Straßenverkehr. Die Frage müsste also lauten: Wie sehr werden Radfahrer im Straßenverkehr gefährdet? Die offensichtliche Verwundbarkeit von Radfahrern suggeriert, dass Radfahren riskanter sei als Autofahren. Wenn man die Unfallstatistiken analysiert lässt sich diese These aber offenbar nicht verifizieren (genaueres s. z.B. hier, auch lokal als pdf-Datei). Die Frage ist, was man als sicher genug einstuft. Das Benutzen öffentlicher Verkehrsmittel ist in jedem Falle sicherer als Radfahren und Autofahren.

Ist Radfahren insgesamt gesund?

Vielleicht kann man das so formulieren: Etwas Sport macht gesund, viel Sport macht fit. Für die meisten Menschen bringt die tägliche Radfahrt zur Arbeit (sagen wir die einfache Strecke zu 5 bis 15 km) genug Bewegung mit sich, um nicht noch regelrecht Sport treiben zu müssen. Die meisten würden ihr Radfahren auch nicht als Sport bezeichnen, weil es meist bei relativ niedriger Anstrengung stattfindet. Aber: Wer an 200 Tagen im Jahr je 20 km locker zurücklegt, ist fit und riskiert noch keine sportarttypischen Gesundheitsschäden. Und 4000 km klingen doch schon ziemlich beeindruckend, oder?

Sollte man einen Sturzhelm tragen?

Diese Frage lässt sich leider nicht eindeutig beantworten. Rein intuitiv erscheint es logisch, dass das Tragen eines Helms einen zusätzlichen Schutz bieten sollte. Dieser Schutz ist zwar im wahrsten Wortsinn nicht sehr umfassend, aber immerhin geht es ja um den wichtigsten Körperteil. Allerdings muss gesagt werden, dass sich nichtmit konkreten Zahlen belegen lässt, dass das Tragen von Fahrradhelmen tatsächlich etwas nützt. Der Sicherheitsgewinn wird zumeist stark überschätzt, es gibt sogar Nachteile. Vorher-Nachher-Studien (genaueres hier, auch lokal als pdf-Datei) in den wenigen Regionen auf der Welt, wo eine Helmpflicht eingeführt wurde, zeigten, dass weder die Unfallschwere noch das Verhältnis von Kopfverletzungen zu anderen Verletzungen abgenommen hatte. Einzig die absolute Zahl der Unfälle ging zurück, was daran lag, dass viele Leute wegen der Helmpflicht aufs Radfahren verzichteten. Dies ist absolut kontraproduktiv und war auch nicht das Ziel der Sache. Das Unfallrisiko könnte für die verbleibenden Radfahrer sogar steigen. Am ungefährlichsten ist Radfahren offenbar in Ländern wo es am weitesten verbreitet ist und deshalb auch von Autofahrern als etwas völlig normales angesehen wird, was statistisch belegbar ist. Was soll man nun empfehlen? Angesichts der unklaren Datenlage muss wohl jeder selbst entscheiden.

Die Geschwindigkeiten beim Tandem sind höher als beim Solorad. Auch wenn Fahradhelme eher für niedrige Geschwindigkeiten ausgelegt sind, können sie manchen Aufprall vielleicht doch dämpfen. Fahrradhelme sind leicht und gut belüftet, so dass das Helmtragen auch bei sommerlichen Temperaturen kein Problem darstellt. Immerhin ist das Tragen von Fahrradhelmen heutzutage voll etabliert, man wird eher komisch angesehen, wenn man keinen benutzt. Das war Anfang der 1990er Jahre noch anders. Bei Rennen, egal ob im Radsport oder im Triathlon, sind Helme mittlerweile Pflicht. Nur die männlichen Profis machen bisher eine unrühmliche Ausnahme.

Was ist "Gefährdungshaftung"?

Ein Vorteil es Fahrrads gegenüber dem Auto besteht darin, dass man für andere Verkehrsteilnehmer eine erheblich geringere Gefahr drastellt. Leider ist in der öffentlichen Diskussion in Vergessenheit geraten, das dass Gesetz jedem Verkehrsmittel eine sogenannte Gefährdungshaftung zuschreibt. Das bedeutet, dass man für die Gefährdung anderer durch das eigene Fahrzeug verantwortlich ist. Ein Autofahrer, der einen Fußgänger überfährt, der unachtsam auf die Straße tritt, muss sich fragen lassen, ob er unbedingt mit dem Auto fahren musste. In den meisten Fällen müsste diese Frage mit nein beantwortet werden. Wäre er Rad gefahren, würde der Fußgänger aller Wahrscheinlichkeit nach noch leben. Leider wird die eigene Bequemlichkeit in unserer Gesellschaft meist über das Wohl der Mitmenschen gestellt. Die Todesstrafe wurde aus gutem Grund abgeschafft, aber jemand, der im Straßenverkehr einen kleinen Fehler macht, darf legal getötet werden? Seltsame Logik.


© D. Bettge; 17.3.2003, letzte Änderung: 19.3.2003