Daten: AF-S DX Nikkor 18–300 mm 1:3,5–5.6 ED VR, DxL 83x120 mm, 830 g, ca. 1.000 Euro (2012)
Dem seit Juni 2012 erhältlichen 18-300er Superzoom (AF-S Nikkor 18-300 mm 1:3,5-5,6 G) muss man eigentlich schon wegen seiner puren Größe eine eigene Seite widmen – hier ist sie...
Seit Jahren benutze ich zumeist das 18-200er, das ich zusammen mit der D80 als Erstausrüstung gekauft hatte. Daran hat sich trotz der mittlerweile vorhandenen weiteren Objektive im Grunde nichts geändert. Das Hauptargument ist einfach die große Flexibilität in der Reichweite und die damit einhergehende Reaktionsschnelligkeit. Als die ersten Gerüchte eines neuen 18-300er auftauchten, war ich gefühlsmäßig gleich Feuer und Flamme, denn besonders in der Sportfotographie hätte eine noch längere Brennweite oft schon den Aktionsradius erweitert und interessante Perspektiven ermöglicht. Der zu zahlende Preis war klar: Abgesehen vom Kaufpreis deutlich oberhalb der "kleinen" Superzooms von Tamron und Sigma würde eine Endbrennweite von 300 mm bei 5,6er Öffnung das Objektiv größer und schwerer werden lassen. 830 g waren angesagt – eine ganze Menge für das "kleine" DX-Format.
Die ersten Daten und Bilder zeigten dann, dass die Konstruktion offenbar vom 28-300er fürs Vollformat abgeleitet wurde. Design und Größe aber auch das Gewicht dieser beiden sind praktisch identisch, sogar die Zahl der Linsen, nämlich 19 in 14 Gruppen – das ist 'ne Menge Glas und ein ganz schöner Aufwand – es würde ordentliche Qualität sein. Kurz entschlossen gab ich am 21.6.2012 meine Bestellung auf. Völlig unerwartet konnte ich die Linse am 24.6. bereits abholen. Nikon hat wohl ein paar Hunderttausend heimlich vorproduziert.
Der erste Endruck ist wie erwartet: Alles wie vom 18-200er gewohnt, aber in allen Dimensionen größer, wie auf den folgenden Bildern zu sehen:
Das Paket D7000/18-300 wiegt gut 1,6 kg. Die Kombi D80/18-200 bringt nur gut 1,2 kg auf die Waage. Beides ist nicht wirklich leicht, aber 1,6 kg sind deutlich an der Grenze zu schwer, auch wenn des Sportfotographen liebstes Kind, eine D3s mit 2,8/70-200 stolze 2,9 kg wiegt. Das 18-300 ist spürbar dicker, evtl. für Leute mit kleinen Händen nicht so günstig. Die Kombi aus D7000/18-300 liegt subjektiv gut ausgewogen in der Hand – es passt, wie man so schön sagt. Im ausgefahrenen Zustand ist die Optik ganz schön lang – aber irgendwo müssen die 300 mm ja herkommen. Der Zoombereich ist wirklich schön groß:
Was fällt noch so auf, besonders im Vergleich zum 18-200? Der Zoomring fühlt sich beim Drehen etwas homogener an, d.h. die aufzuwendende Kraft ist recht gleichmäßig. "Zoom-Creep" ist nicht vorhanden, gleichwohl gibt es einen Arretierknopf, in meinen Augen überflüssig. Die Geräusche des Fokusmotors und des VR-Antrieb sind sehr schön leise. Der Fokus ist ähnlich schnell wie beim 18-200, also gutes Tempo, aber nicht profimäßig. Das "Bokeh", also die Art und Weise, wie unscharfer Hintergrund bzw. dessen Kontraste verschwimmen, ist auf den ersten Blick angenehmer als beim 18-200, wobei man natürlich mit 300 mm Brenweite den Hintergrund wirklich verschwinden lassen kann. Das folgende Bild gibt einen Eindruck davon:
Bei gleicher Entfernung ist der mögliche Abbildungsmaßstab im Nahbereich größer als beim 18-200. Wie üblich ist bei solchen Zooms die effektive Brennweite deutlich kleiner als bei unendlich-Stellung, dafür hat das 18-300 eine durchgängige Nahgrenze von 45 cm. Sogar bei Einstellung beider Objektive auf 200 mm ist die Vergrößerung des 18-300 höher, wie die beiden folgenden Bilder zeigen:
Die Makro-Fähigkeiten sind erstaunlich gut und für "mal eben" sehr brauchbar. Maximaler Abbildungsmaßstab und Detailschärfe sind natürlich nicht ganz so gut wie mit einem Makroobjektiv, aber die Ergebnisse können sich unter guten Bedingungen durchaus sehen lassen:
Die Verzeichnung ist ähnlich wie bei allen Superzooms: Bei 18 mm kräftige Tonnenverzeichnung, bei knapp 24 mm neutral, bei allen größeren Brennweiten Kissenverzeichnung. Sieht ähnlich aus wie beim 18-200, evtl. ist die Tonnenverzeichnung bei 18 mm noch etwas stärker. Ein DxO-Modul mit vollständiger Verzeichnungs-Korrektur gibt es mittlerweile. An der D7000 ist nach Firmware-Update auch automatische Korrektur möglich, was recht gut funktioniert, wenn auch nicht so perfekt wie mit einem DxO-Modul. Bei 18 mm wird etwas Tonnenverzeichnung übrig gelassen, was eventuell Absicht ist.
Zahlenwerte zur Schärfe und allem anderen haben mittlerweile andere gemessen und veröffentlicht. Die berichteten Messungen decken sich im Grunde mit meinen Erfahrungen: Subjektiv würde ich sagen, dass die Abbildungsleistung im Bereich von 18 bis 200 mm jeweils mindestens so gut ist wie beim 18-200. Um 200 mm scheint mir das 18-300 etwas besser zu sein. Bei vollen 300 mm schwächelt die Auflösung etwas, besonders bei größeren Objektentfernungen. Die Bilder wirken bei genauem Hinsehen manchmal etwas schwammig, was sich auch durch Abblenden nicht wirklich verbessern lässt. Reine Tele-Zooms wie ein 70-300 dürften hier besser sein.
Man muss bei den wirklich langen Brennweiten allerdings berücksichtigen, dass bei einer Äquivalent-Brennweite von 450 mm und größeren Entfernungen atmosphärische Störungen sehr oft eine Rolle spielen, ohne dass man das gleich erkennt. Die eventuell nicht optimale Abbildungsleistung wird dann von Luftstörungen überlagert. Manche Unschärfe von Tele-Bildern hat ihre Ursache in Luft-Flimmern oder leichtem Nebel. Das bloße Auge kann diese Effekte oft nicht sehen. Das folgende Foto gibt einen Eindruck davon. Der Effekt kann aber wie gesagt auch subtiler sein:
In einigen Testberichten wird über Schwierigkeiten mit der Bildstabilisierung bei langen Brennweiten im Bereich um ca. 1/100 s berichtet. Dies habe ich gezielt ausprobiert und konnte den Effekt (im Zusammenspiel mit der D7000) nicht finden. Abgesehen davon staune ich, wie lange Zeiten sich mit etwas Glück noch aus der Hand schießen lassen:
Fazit: Mir macht es einfach Spaß! Nach meinem ersten Eindruck ist das 18-300 technisch ausgewogen und auf einem hohen Niveau. Mehr ist bei diesem Zoombereich vermutlich nicht drin. Bei einem Einführungspreis von 999,- darf man natürlich einiges erwarten. Angesichts von Größe und Gewicht sollte man vor dem Kauf unbedingt testen, ob die Kamera-Objektiv-Kombi noch handhabbar ist. Für Menschen mit kleinen Händen ist das Objektiv einfach sehr dick. Wenn 300 mm nicht wirklich erforderlich sind, sollte man lieber das 18-200 oder das neue 18-140 nehmen, das nochmal wesentlich leichter ist. Verzeichnungskorrektur entweder in der Kamera oder per Software ist bei all diesen Objektiven obligatorisch.