Tandem-Laufräder müssen besondere Qualitäten haben, um dem Betrieb unter viel Gewicht, Drehmoment und Wiegetritt standzuhalten. Tandem-Hersteller sollten dies wissen und entsprechend handeln, sei es, dass sie Laufräder selbst bauen oder sie bauen lassen. Warum ich dies erwähne? Nun – nach nur ca. 150 km Gesamtstrecke mit dem neuen Calfee hörten wir von hinten ein seltsames Geräusch. Klang entfernt wie schleifende Bremse, aber da es lauter wurde, hielten wir an und mussten feststellen, dass sich Speichen am das Hinterrad so weit gelockert hatten, dass der Reifen innen an der Kettestrebe streifte – Ergebnis siehe Foto.
Was tun 20 km vor zu Hause? Den Nippeldreher hatten wir nicht dabei, weil die Laufräder nach der ersten Fahrt gut aussahen. Die Speichenspannung war uns zwar von vornherein etwas gering vorgekommen, aber die Laufräder kommen ja von Profis, die werden schon wissen was sie tun. Also Notreparatur: Die Felge kräftig abschnittsweise Richtung Kettenstrebe drücken und die Nippel von Hand (!) anziehen. Das funktionierte tatsächlich, und wir konnten ohne weitere Probleme mit leicht eierndem Hinterrad die Runde zu Ende fahren.
Genaue Inspektion ergab, dass die Speichenkräfte auf der jeweils steileren Seite beider Laufräder nur ca. 700 N betrug, die flachere Seite war aufgrund der flachen Speichen per DT-Tensiometer nicht mehr messbar, also jedenfalls unter 500 N. Statt der ursprünglich von mir gewünschten 28 Stück DT Competition 2,0/1,8 oder gleich starken DT Aero Comp waren DT Aerolite verbaut worden – das sind im Grunde flachgeschmiedete DT Revolution, also 2,0/1,5 mm. Bei Solorädern verbaut Zipp ebenso dünne Sapim CX-Ray. Simples Nachrechnen ergibt, dass bei 1,8 mm Duchmesser der Querschnitt der Speiche 44 % größer ist als bei 1,5 mm. Die Zugfestigkeit der dünneren Speiche ist zwar sehr hoch, aber der E-Modul bleibt, und das Laufrad ist deutlich weniger seitensteif. Kommt eine zu gringe Vorspannung hinzu, hält das Laufrad nicht stand, d.h. die Speichen werden im Betrieb immer wieder komplett enstpannt und die Nippel lösen sich.
Dieser ganze Schlamassel und die früheren Erfahrungen sind der Grund, warum ich Tandemlaufrädern eigentlich nur vertraue, wenn ich sie selbst gebaut habe. Was nun? In diesem Fall: bei Whizz-Wheels passende DT Comp 2,0/1,8 bestellen (rechts Sonderlänge wegen der hohen Felgen, ist aber kein Problem), alle Speichen 1:1 austauschen und rechts auf 1.100 N vorspannen, links ergibt sich dann, was übrig bleibt. Sehr praktisch ist übrigens dieser Kugelschreiber-ähnliche Nippelhalter zum Rausdrehen und Einfädeln der Nippel in die Felge, geht wesentlich flotter, als mit einer zweiten Speiche, zumal man damit den Nippel auch aktiv drehen kann. Links wurden bei der Gelegnheit gleich Alu-Nippel verbaut, rechts blieb Messing.
Außerdem wurde statt der 11-30-Cassette eine 12-28-Cassette verbaut. 11 Zähne brauchen wir nicht wirklich, aber dafür ist das Loch zwischen 15 und 17 mit einem 16er Ritzel gefüllt, das nervt uns Flachländer nämlich immer. Laut Ersatzteilliste von Shimano kann man mit beiden Cassetten auch 12-30 aufbauen, da sind dann nur die 3 größten Ritzel etwas größer mit 3er-Schritten. Ja – Dura-Ace ist nicht unbedingt notwendig, aber schön!
Probefahrt und Nachmessung zeigt: Es hält! Das Vorderrad wurde belassen und nur auf Spannung gebracht, das haben wir am alten Renntandem genauso aufgebaut, nur mit 36 Speichen. Calfee bedauert das Missgeschick, schickt ein komplettes "Touch Up"-Set mit den Rahmenfarben und wird hoffentlich an der Qualitätskontrolle arbeiten...