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Technik - Mythen und Legenden - Laufräder

  1. Hart vorgespannte Speichen brechen schneller.

    Nein. Das Gegenteil ist der Fall. Mit hoher Spannung eingespeichte Laufräder sind die beste Versicherung gegen Speichenbruch. Ein Laufrad, das gewissenhaft aufgebaut wurde, muss im normalen Betrieb auch nicht nachzentriert werden. Dass so etwas bei der typischen Erstinspektion von neu gekauften Fahrrädern meist nötig ist, zeugt davon, wie schlecht eingespeicht die meisten Laufräder sind. Es gehört nicht allzuviel handwerkliches Geschick dazu, Laufräder selbst einzuspeichen, und zwar so, dass sie absolut stabil sind. Mit etwas Übung braucht man ca. 1 Stunde pro Laufrad.

  2. Weich eingespeichte Laufräder federn besser.

    (Nein. Die Federwirkung eines Laufrades ist praktisch nicht von der Speichenspannung abhängig)

  3. Wenn sich dann Speichen lösen, verklebt man die Nippel mit Loctite.

    Das ist Pfusch. Wenn die Speichenspannung ausreichend hoch ist, lösen sich auch keine Speichen mehr. Hart einspeichen macht aber mehr Arbeit und die scheuen viele Läden, s.o.

  4. Durchgehend dicke Speichen (2.0 mm) sind dauerfester als verjüngte (2.0/1.8/2.0 mm).

    Nein. Umgekehrt ist es. Wegen der größeren Nachgiebigkeit im Mittelteil werden bei den verjüngten Speichen die Enden weniger stark belastet. Und dort versagen Speichen in fast allen Fällen. Verjüngte Speichen sind also leichter und dauerfester (und ein wenig teurer).

  5. Hochflanschnaben machen das Laufrad spürbar steifer.

    (Hochflanschnaben machen das Laufrad in der Tat steifer, aber die Federwege der Laufräder selbst liegen allesamt im Zehntel-Millimeter-Bereich. Aber je höher der Flansch ist, desto geringer sind die Belastungen der Speichen, das ist wohl der Hauptgrund, warum beim Bahnradsport fast nur Hochflanschnaben gefahren werden.)

  6. Stahlfelgen sind besser als Alu-Felgen.

    (Nein. Alles hat Vor- und Nachteile, die Stahlfelgen haben aber ziemlich viele Nachteile.)

  7. Scheibenräder sind radial spürbar härter als Speichenräder.

    (Nein. Wenn tatsächlich Unterschiede da sind, dann sind sie nicht spürbar. Hier spielt wohl die Psychologie eine große Rolle: Scheibenräder geben viele laute Geräusche von sich, weil sie phantastische Resonanzflächen sind. Außerdem werden sie zumeist mit besonders schmalen Reuifen gefahren.)

  8. Radialspeichung macht ein Laufrad härter.

    Nein. Die Unterschiede sind unterhalb der Wahnehmungsgrenze. Dazu ein Auszug aus Olaf Schultz: Theoretische Untersuchung der Belastbarkeit und Stabilität von Fahrradspeichenrädern unter besonderer Berücksichtigung des elastischen Kippens, Studienarbeit TU Hamburg-Harburg, 1997.

    Abbildung: Laufradverformung durch die Aufstandskraft (tausendfach überhöht)

    Tabelle:Radiale Felgeneinfederung in mm
    Speichungsart Speichendurchmesser in mm
      1,6 1,8 2,0
    radial 0,1323 0,1095 0,0923
    3-fach 0,1386 0,1149 0,0971

    Die FE-Betrachtung widerlegt die weitverbreitete Annahme, radial eingespeichte Laufräder seien für die Laufradfederung spürbar härter als mehrfach gekreuzte. Die 3-fach gekreuzte Felge federt durch das Systemgewicht nur weniger als 0,01 mm mehr ein als eine radial gespeichte Felge. Mantel, Gabel sowie (Renn-) Lenker federn bei sinnvoller Auslegung eindeutig besser. Die Randbedingungen sind die Weinmann 2317 und 70 kg Aufstandlast. Variert werden Kreuzungszahl und Speichendurchmesser.

  9. Carbon-Räder sind leichter als Speichenräder.

    (Leider nicht. Die meisten Vollcarbonräder, ob Speichen oder Scheibe, sind relativ schwer, sie sollen aber hauptsächlich die Aerodynamik verbessern. Ausnahme: ADA-Wheels, wahrscheinlich die besten Laufräder der Welt, kosten schlappe 6000,- DM pro Fahrrad.)


© D. Bettge; letzte Änderung: 8.5.2000