Bereit für das erste richtige Rennen? Nicht? Das größte Problem sind nicht die Form oder die Fahrtechnik sondern die Selbstzweifel. Wenn man sich erstmal angemeldet hat, gibt es kein zurück mehr. Dann kommt die große Nervosität bis zum Startschuss. Nach dem Rennen fühlt man sich dann wie die Helden. Beim nächsten Mal ist dann alles schon viel gewohnter. Abgesehen von einem angemessenen Training und einer eingespielten Teamarbeit gibt es aber schon ein paar Dinge, die man wissen sollte, bevor man an den Start geht. Dies wird im Folgenden beschrieben. (Anmerkung: Der Originalartikel ist nicht tandemspezifisch, das ändert aber im Grunde nichts)
Das erste Rennen wird ein Straßenrennen sein. Genauer gesagt ein Rundstreckenrennen für Tandems. Solche Rennen gibt es praktisch nur im Blindensport, da Tandems sonst im Straßenrennsport einfach nicht existieren. Bei einigen dieser Rennen können auch Teams mit sehenden Stokern mitfahren. Es ist entweder auf eine bestimmte Anzahl von Runden bzw. Kilometer festgesetzt oder auf eine bestimmte Renndauer, nach deren Ablauf die letzte Runde gefahren wird. Solche Rennen sind relativ kurz, also maximal ca. 80 km oder 2 Stunden. Die Kurven sind mehr oder weniger eng und vor allem zahlreich auf die Dauer. Das Tempo kann sehr hoch, aber auch sehr unregelmäßig sein.
Desweiteren gibt es ein paar normale Straßenrennen, bei denen Tandems zugelassen sind und ebenso ein Reihe Mountainbike-Rennen. Bei fast allen RTF's sind Tandems ebenfalls zugelassen bzw. nicht explizit ausgeschlossen, aber das sind keine Rennen. Von Bahn-Wettbewerben soll hier nicht die Rede sein.
Wählt ein Rennen aus und meldet euch an. Wartet nicht ab, bis ihr meint, ihr seid jetzt soweit. Das Gefühl, noch nicht gut genug vorbereitet zu sein, kann sonst Jahre kosten. Niemand fühlt sich reif für sein erstes Rennen. Meldet euch an und geht hin.
Verabredet euch mit anderen Teams zu diesem Rennen. Das verhindert erstens, dass ihr einfach nicht hingeht, denn die anderen zählen auf euch. Zweitens verringert das die Nervosität deutlich.
Beim Tandem ist nicht nur die Form der Fahrer entscheidend, sondern auch das reibungslose, verlustfreie Zusammenspiel des Teams. Fahrt ausreichend Tandem-Trainingseinheiten, damit die Verständigung blind klappt.
Trainiert auf dem Tandem nicht nur Ausdauer, sondern auch hohe Geschwindigkeiten bis hin zum Intervalltraining unter Maximalkraft. Auch die Kurventechnik kann auf einem engen Rundkurs entscheidend sein. Man sollte ungefähr wissen, wie weit man sich in die Kurve legen kann, und wann welches Pedal aufsetzt.
Das Fahren in Gruppen mit engen Abständen will gelernt sein. Ziel ist größtmögliche Sicherheit bei kleinstmöglichen Abständen, weil man nur so die Vorteile des Windschattens ausnutzen kann. Regelmäßiges Gruppentraining ist daher sehr hilfreich. Auch mit dem Tandem. Am besten natürlich mit anderen Tandems, aber auch mit Solo-Fahrern. Man muss dazu nicht unbedingt Mitglied in einem Radsportverein sein. Hört euch nach regelmäßigen Treffpunkten um.
Packt eure Sachen am Abend vorher ein, auch wenn das Rennen um die Ecke stattfindet.
Richtet euch auf gutes wie schlechtes Wetter ein.
Vergesst nicht die wichtigsten Dinge: Radschuhe, Helme, Geld, ggf. Lizenz, Handtücher, warme trockene Sachen für danach.
Macht keine Reparaturen am Fahrrad kurz vor dem Rennen!!! Außer es ist unbedingt nötig!! Alle Veränderungen sollten schon ein paar Trainigseinheiten defektfrei überstanden haben! Achtet aber darauf, dass die Synchronkette ausreichend gespannt ist.
Nehmt ein reichliches Frühstück zu euch, aber esst nichts ungewohntes. Trinkt nicht zuviel Tee oder Kaffee.
Reist rechtzeitig an, ca. 2 Stunden vorher. Dann ist genug Spielraum für unvorhergesehene Verzögerungen.
Esst nichts mehr in den letzten beiden Stunden vor dem Rennen. Trinkt aber genug Wasser, besonders wenn es heiß wird, aber nicht soviel, dass es nur durchläuft.
Geht rechtzeitig aufs Klo oder hinter den Busch. Viele haben schon wertvolle Zeit, die sie zum Aufwärmen gebraucht hätten, in der Schlange vor den Toiletten verbracht.
Bei einem Rundstreckenrennen sollte man wenn möglich den Kurs abfahren oder ablaufen. Haltet Ausschau nach Schlaglöchern, gefährlichen Kanten oder Engpässen.
Zieht euch um, macht das Rad fertig, macht die Startnummer fest, verstaut die Verpflegung fürs Warmfahren und Rennen. Macht die Startnummer mit genug Sicherheitsnadeln fest, so dass sie nicht im Fahrtwind flattert.
Haltet eine zusätzliche Wasserflasche im Auto oder sonstwo bereit, die ihr nach dem Warmfahren aufnehmen könnt.
Fangt ungefähr eine Stunde vor dem Rennen an euch warmzumachen. Das Warmfahren für Kriterien und Rundstreckenrennen sollte ein paar harte Antritte von 15 bis 20 Sekunden Dauer beinhalten. Das Warmfahren für ein längeres Straßenrennen kann weniger intensiv sein, außer es gibt einen Anstieg gleich am Anfang des Rennens.
Prägt euch charakteristische Punkte an der Strecke, insbesondere kurz vor dem Ziel, ein. Wenn es auf das Ziel zugeht solltet ihr versuchen, möglichst weit vorne im Feld zu sein. Sucht einen charakteristischen Punkt ungefähr 200 Meter vor dem Ziel, an dem ihr den Sprint beginnt.
Behindert vor eurem Rennen nicht möglicherweise stattfindende andere Rennen. Dies kann zum Ausschluss führen.
Beendet das Warmmachen eine Viertelstunde vor der angekündigten Startzeit. Bringt alles weg, was ihr nicht im Rennen benötigt. Nehmt volle Wasserflaschen auf. Geht nochmal hinter den Busch etc.
Begebt euch 10 Minuten vor dem Start in den Startbereich. Dehnt die Muskeln noch ein wenig, um locker und warm zu bleiben. Bei Massenrennen á la HEW Cyclassics sollte man sich schon eine halbe Stunde vor dem Start in seinen Startblock begeben, um eine gute Ausgangsposition zu haben.
Trinkt viel Wasser.
Bei einem Rundstreckenrennen ist es besonders wichtig eine Startposition möglichst weit vorne zu haben. Haltet die Augen offen und geht zur Startlinie, sobald es die anderen auch tun.
Falls es noch eine Einweisung von Seiten der Veranstalter gibt, habt keine Hemmungen, Fragen zu stellen.
Meist wird gestartet mit "Fertig!" und dann einem Startschuss. Meistens stürzen die ersten schon bei "Fertig!" los. Seht zu, dass ihr nicht ins Hintertreffen geratet. Versucht, die erste Kurve kurz hinter der Spitze zu erreichen. Nach Kurven wird meistens sehr hart beschleuningt. Bleibt unbedingt dran.
Die Startphase eines Rundstreckenrennens oder Kriteriums ist meist unverantwortlich schnell. KEINE PANIK! Tut alles, um nicht abgehängt zu werden, auch wenn das Tempo viel zu hoch für euch erscheint. Nach ein paar Runden wird alles ein wenig ruhiger.
In den ersten paar Runden werden Teams, die das Tempo nicht halten können, aus dem Feld herausfallen. Haltet euch möglichst nicht zu weit hinten auf und passt auf, dass ihr nicht plötzlich hinter jemandem fahrt, der eine Lücke reißen lässt.
Wenn ihr eine Lücke reißen lasst, die größer als 3 oder 4 Meter ist, dann kann es sehr schwer werden, das Loch wieder zu schließen. Manchmal hilft euch der Rückstau vor der nächsten Kurve wieder aus der Patsche.
Trinkt viel Wasser während des Rennens, wenn es mehr als eine Stunde dauert.
Fahrt konsequent Windschatten.
Versucht, euch um den 5. bis 10. Platz aufzuhalten.
Widersteht der Versuchung, selbst Attacken zu kontern oder harte Führungsarbeit zu machen.
Wenn ihr so gut seid, dass ihr attackieren wollt, dann tut das mit Entschiedenheit.
Wenn es Prämiensprints gibt, versucht euch möglichst weit vorne aufzuhalten, auch wenn ihr nicht um die Prämie sprintet. Eure Gruppe kann bei solchen Aktionen auseinanderfallen.
Macht euch nicht unbeliebt: Gefährlich ist alles, was abrupte Bewegungen enthält. Das beinhaltet vor allem, direkt vor oder in Kurven heftig an der Bremse zu ziehen, und keine runde Linie um Kurven zu fahren. Genauso schlimm ist es, zu eng aufzufahren, wenn man das nicht kann, ohne immer wieder heftig abbremsen zu müssen. Vermeidet generell plötzliche Manöver wie schnelle Spurwechsel und hartes Bremsen. Fahrt in einem gleichmäßigen Bogen durch die Kurven. Die meisten Unfälle in Rennen passieren durch Bremsmanöver und Spurwechsel. Wenn ihr noch nicht so viel Übung im Gruppenfahren habt, dann lasst lieber ein paar Zentimeter mehr Abstand zum Vordermann.
Wenn ihr einen Platten habt, repariert ihn und setzt das Rennen fort. In einem Kriterium werdet ihr von der Rennleitung an der Stelle wieder ins Rennen eingesetzt, wo ihr vorher wart. Ansonsten verliert ihr eben ein oder zwei Runden.
Fahrt das Rennen zu Ende, auch wenn ihr vom Hauptfeld abgehangen werdet.
Die letzte Runde wird meistens mit einer Glocke eingeläutet. Alle die sich jetzt hinter der Spitze befinden, fahren nach Überquerung des Zielstrichs noch eine Runde.
Fahrt keine Wellen im Zielsprint. Fahrt eine eine schöne gerade Linie. Ihr seid Anfänger, keine Profis. Einen großen Crash zu verursachen, wäre kein guter Anfang.
Wenn ihr ganz am Ende des Feldes seid, dann kümmert euch nicht um den Sprint. Ihr werdet euch ohnehin nicht platzieren, könntet aber in einen Sturz verwickelt werden.
Merkt euch, wer direkt vor euch war (Nummer oder Trikot). Die Veranstalter könnten euch danach fragen, um die Zielreihenfolge festzustellen.
Wenn ihr glaubt, dass ihr euch platziert habt, dann fragt bei den Offiziellen nach, ob sie eure Nummer notiert haben.
Nervt die Veranstalter nicht wegen der Ergebnisliste. Sie werden sie so schnell wie möglich aushängen.
Wenn ihr an der Ergebnisliste etwas auszusetzen habt, dann solltet ihr binnen 15 Minuten Protest einlegen.
Esst und trinkt.
Also, wie ist es euch ergangen? Wurdet ihr abgehängt? Willkommen im Club. Den meisten geht es so. Auch Spitzenfahrer werden abgehängt, wenn sie einen schlechten Tag haben. Sie wurden Spitzenfahrer, weil sie es wieder versucht haben.
Schaut euch die Rennen der höheren Kategorien an, sofern welche stattfinden. Geht euren Wettkampf in Gedanken durch und fragt euch, was die Spitzenfahrer anders machen. Hört den Erfahreneren bei ihrer Analyse zu und stellt Fragen. Die meisten erfahreneren Rennfahrer helfen gerne Neulingen.
Zu guter Letzt: Kommt wieder, egal wie es gelaufen ist. Ihr werdet langsam stärker werden und Erfahrungen sammeln. Nächstes Jahr werdet ihr schon viel besser sein! Die meisten Fahrer werden über mindestens 5 Jahre deutlich besser. Und es ist immer gut, ein Ziel zu haben.