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Kaufberatung

Ihr wollt ein Tandem kaufen? Das ist gut. Was für eins? Das ist schwer zu sagen. Die Ansprüche sind so verschieden wie die Geschmäcker. Aber ein paar Dinge gelten wohl für alle. Stabil soll es sein, dabei leicht und haltbar. Das lässt sich machen. Und auch billig? Das wird schon schwieriger. Es müssen Kompromisse eingegangen werden.

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Fotos: Gazelle, Dawes, Seven, Cannondale

  • Probefahren: Kauft kein Tandem, ohne verschiedene Modelle Probe gefahren zu haben. Das grenzt die in Frage kommenden Fahrradgeschäfte schonmal stark ein. Die meisten Läden haben kein Tandem da. Ein paar haben ein Schaustück an der Decke hängen und keine Ahnung. Und nur ganz ganz wenige haben eigene Erfahrung und mehr als ein Modell vor Ort. Der Verkäufer sollte in der Lage sein, euch so weit ins Tandemfahren einzuweisen, dass nicht schon die Probefahrt zum Ehekrach führt. Einen solchen Laden sollte man aufsuchen, auch wenn er nicht um die Ecke ist. Fahrt auch Modelle Probe, die euch zu teuer erscheinen, es kann die Augen öffnen. Schlaft nochmal drüber. Eine weitere Händlerliste gibts hier.

  • Einsatzgebiet: Wofür soll das Rad benutzt werden? Touring, Alltagsbetrieb, Training, Rennen oder alles zusammen? Wollt ihr ein optimiertes Rad für einen bestimmten Zweck oder eins für alle Fälle? Sollen Kinder mitgenommen werden? Wo soll es gefahren werden? Hauptsächlich Straßen oder auch im Gelände? Genauso wie es Soloräder für die verschiedenen Gebiete gibt, kann man auch Tandems finden. Macht euch klar, was für euch am wichtigsten ist. Auf einem 28-Zoll-Reiserad kann man auch Straßentraining betreiben, mit einem 26-Zoll-Geländerad auch eine Reise machen. Eine echte Rennmaschine hingegen fühlt sich eigentlich nur auf Asphalt wohl.

  • Rahmen oder Komplettrad? Es ist heutzutage kein Problem mehr, ein brauchbares Tandem von der Stange zu kaufen. Kleinere Änderungen an der Austattung lassen sich immer vornehmen. Der Händler sollte in dieser Beziehung entgegenkommend sein. Sättel und Pedale sind praktisch immer fällig. Eine Touren- oder Alltags-Ausstattung musst meistens nachgerüstet werden. Auch eine andere Bereifung sollte kein Problem darstellen. Aber auch weiter gehende Veränderungen, wie der Umbau von Rennlenker auf gerade Lenker oder umgekehrt kommt relativ oft vor. Der Aufpreis ist dann Verhandlungssache. Wenn noch mehr Änderungen fällig sind, sollte man vielleicht ein Rahmenkit kaufen und nach Wunsch aufbauen lassen oder das selbst tun.

  • Kosten: Was wollt ihr ausgeben? Die Preise hochwertiger Tandems erschrecken Neulinge und Laien meist zutiefst. Aber das Geld ist meist gut angelegt. Gute Tandems kosten mehr als zwei vergleichbar ausgestattete Soloräder. Ein genauer Rahmen lässt sich nur schwer nennen. Brauchbare Tandems gibt es ab ca. 1500 €, die Mittelklasse liegt bei ca. 2500 bis 4000 €. In diesem Bereich lassen sich gute bis sehr gute Serienmodelle finden. Sonderwünsche können den Endpreis aber schnell über 5000 € klettern lassen. Nach oben gibt es keine echte Grenze, allerdings sollte man für ca. 8000 € alles bekommen, was das Herz begehrt. Angesichts dieser Summen ist ein gutes Gebrauchtes oft befriedigender als billiger Neuschrott.

  • Hersteller: Welche Hersteller haben nicht nur eine schöne Website, sondern können dahin, wo ihr wohnt, prompt ein passendes Rad liefern und bauen überhaupt mehr als 3 Tandemrahmen pro Jahr? Nicht alles, was man im Internet findet, ist überall auf der Welt lieferbar. Versteift euch nicht am Bildschirm auf ein Modell, das nicht lieferbar ist.

  • Technik

    • Rahmen: Vergesst die Mythen um "harte" und "weiche" Rahmen und die Vorurteile gegenüber einzelnen Werkstoffen. Tandemrahmen müssen so steif sein wie möglich. Die Rohrdurchmesser können nicht zu groß sein. Federn müssen andere Komponenten, d.h. in erster Linie die Reifen und die Sättel und eventuell eine tandemspezifische Federgabel und eine gefederte Satteltütze für den Stoker. Der Captain sitzt aufgrund seiner Position mitten im langen Radstand deutlich komfortabler als auf einem Solorad, der Stoker hat leichte Nachteile gegenüber einem Solorad. Die Rahmenform sollte möglichst schlicht sein, am besten ein sog. "Direct-Lateral" Design. Praktisch alle Extravaganzen, mit denen manche Hersteller auf sich aufmerksam machen wollen, bringen Nachteile, z.B. gekreuzte Rahmenrohre, zusätzliche Verstrebungen, ovalisierte Rohre (außer beim Kielrohr, das sollte queroval sein), tiefe Durchstiege. Probiert aus, ob der hintere Rahmenteil lang genug ist für den Stoker: Je nach Sitzposition können die Ansprüche sehr verschieden sein, aber mit einem Abstand von mindestens 70 cm zwischen den beiden Sattelstützen (bzw. zwischen den Tretlagern) macht man nichts falsch.

    • Bremsen: Ein Tandem braucht adäquate Bremsen. Das ist ein weites Feld. Im Zweifelsfall sind hydraulische Felgenbremsen immer eine gute Wahl. Aber auch V-Brakes, Scheibenbremsen oder kurze Rennbremsen können je nach Einsatzzweck Sinn machen.

    • Laufräder von Tandems müssen sehr stabil sein, wobei die Anforderungen je nach Einsatzgebiet sehr unterschiedlich sein können. Die Reifen dürfen ruhig ein wenig breiter sein als vom Solorad gewohnt.

So, das war jetzt vielleicht etwas viel auf einmal. Aber lieber vorher richtig mit der Materie beschäftigen und dann alles wieder vergessen können, als die ganze Zeit versagende Komponenten nachzurüsten. Und im Gegensatz zum Auto kostet ein Tandem keine Steuern und verbraucht kein Benzin. Ein wirklich gutes Tandem wird außer dem üblichen Verschleiß kaum Folgekosten verursachen. Außer dass irgendwann der Wunsch nach dem Zweittandem keimt, um für Reise und Rennen das optimale Gefährt zu haben.

Weitere Literatur


© D. Bettge; 26.10.2002, letzte Änderung: 8.5.2003